Menu

GBS Schweiz

  • de
  • en

Unser schlechtestes Schulfach

on Dezember 23. 2012

“Ich bevorzuge es, an lokale Organisationen zu spenden.” Das höre ich oft.

Stellt euch eine Schülerin vor, die sich an den Tisch setzt, um auf ihre Prüfungen zu lernen. Da das Chemiebuch direkt vor ihr liegt, entscheidet sie sich, Chemie zu lernen. Ihr Vater weist sie darauf hin, dass ihre Noten in Chemie bereits sehr gut sind und sie besser daran täte, für ihr schlechtestes Fach – Geometrie – zu lernen. Die Schülerin darauf: „Aber das Geometriebuch liegt dort hinten im Zimmer. Ich bevorzuge es, lokal zu lernen.“

Als Eltern würdet ihr diese Erklärung nicht akzeptieren. Ceteris paribus würde die Schülerin am meisten davon profitieren, für das Schulfach zu lernen, bei dem sie den grössten Nachholbedarf hat. Sogar wenn sie noch nicht alles für Chemie gelernt hat, was es zu lernen gibt, würden ihr ein paar Stunden Geometrie einen grösseren Nutzen bringen, als diese Stunden in Chemie zu investieren.

Auch die reichsten Länder der Welt haben noch keine perfekten Noten. Obdachlosigkeit, Umweltprobleme, Kriminalität, Gesundheit, Bildungsmisere, Reichtumsschere – wir haben in den meisten Bereichen Verbesserungspotenzial.

Doch das ist nicht unser schlechtestes Schulfach. Die Tatsache, dass Millionen Menschen jährlich an Krankheiten sterben, die einfach zu verhindern wären, und Milliarden Menschen in unvorstellbarer Armut leben müssen, ist ein viel grösseres Problem. Nur weil dies nicht hier geschieht, ändert sich nichts daran.

Die gute Neuigkeit: Mit der gleichen Menge an Aufwand erreichen wir viel mehr, wenn wir sie in unser schlechtestes Schulfach investieren. Für wenige tausend Euro können wir in der dritten Welt ein Leben retten. Es gibt keine lokale Organisation, bei der unser Geld auch nur annähernd so viel bewirken kann (Impact).

Damit will ich nicht sagen, dass wir lokale Probleme komplett vernachlässigen sollen. Würde unsere eigene Gesellschaft zusammenbrechen, wären wir nicht mehr in der Lage, zu helfen. Doch wir sollten den Grossteil unserer Anstrengung – und unseres Geldes – dort investieren, wo wir den grössten Nachholbedarf haben.

Quellenangabe

Dieser Beitrag ist eines Übersetzung eines Textes von Julia Wise, der bei 80,000 Hours erschienen ist.